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Ein guter Text ist etwas wert!

Aktualisiert: 9. Mai 2024

Warum ein Text(er) mehr Aufmerksamkeit verdient



Die kürzlich von der GEMA veröffentlichte Studie von Goldmedia bezüglich der Erlössituation im deutschen Musikstreaming-Markt hat gezeigt, was viele von uns längst wussten: Trotz steigender Nutzungszahlen bleibt der Verdienst für Musikurheber*innen weit hinter einer angemessenen Vergütung zurück. Von den Nettoumsätzen eines Streaming-Anbieters verbleiben etwa 30 % beim Dienst selbst und nur 9,7 % werden an die Urheber (Komponist, Textdichter) ausgezahlt.*


Warum sollte aber ausgerechnet ein Texter mehr Krümel vom Kuchen abbekommen? Schließlich ist Textdichter noch nicht einmal ein Ausbildungsberuf. Das kann doch jeder!

Oder nicht?


Ich sage: Nein, das kann nicht jeder! Genauso wenig, wie nicht jeder komponieren oder singen kann.


Um einen qualitativ guten Songtext schreiben zu können, muss man sein Handwerk schon verstehen. Die Tatsache, dass es für diesen Berufszweig keine Ausbildung gibt, macht den Job nicht einfacher und verlangt extrem viel Eigeninitiative. Man muss daher lieben, was man tut!


Es braucht ein umfassendes Wissen über die Sprache, ihre Wirkung und das Zusammenspiel mit der Musik. Je nachdem, wie man ein Lied aufbaut und strukturiert, kann man die Botschaft des Songs optimal verstärken oder völlig zerstören. Selbst Erzählperspektive und verwendete Tempusform haben großen Einfluss auf die Wirkung und Sinnhaftigkeit eines Textes.


Nicht zu vergessen die Reime. Was manchmal so einfach wirkt, ist in Wahrheit ein Prozess, der Stunden oder Tage dauern kann. Es gibt Reime, die sich einfach ausgenudelt haben, in dem Sinne nicht mehr zur Verfügung stehen und das beste Stück ruinieren können. Das Reimschema ist dabei zusätzlich ein entscheidender und nicht zu unterschätzender Tempo- und Stimmungsmacher und will sorgfältig ausgewählt sein.


Ein Texter braucht Wissen über Grammatik und den idealen Einsatz von Verben oder Adjektiven. Der richtige Satzbau und die korrekte, konsequente Verwendung der Metrik erhalten die Logik und sorgen für die Betonungen an der passenden Stelle.


Er muss sich im Klaren sein, für welche Zielgruppe er schreibt und den Jargon entsprechend anpassen. Was auch hier umfangreiche Kenntnisse voraussetzt, um authentisch zu wirken.


Schließlich will so ein Text auch noch gesungen werden, was seinen Schreiber vor weitere Herausforderungen stellt. Wörter, die zu viele Konsonanten enthalten, klingen nicht oder entwickeln sich zu wahren Zungenbrechern. Es ist daher notwendig, dass man ein Mindestmaß an Verständnis für Gesang und sogar Melodieführung mitbringt.

Hat man dann ein lautmalerisches, vokalreiches Wort gefunden, muss es immer noch in den Kontext und die Metrik des Stückes passen. Das kann manchmal wirklich Nerven kosten. Die Krönung ist, wenn man zusätzlich die Vokalpräferenzen des Interpreten kennt und berücksichtigt.


All diese Theorie ist nichts wert, wenn einem kein guter Inhalt einfällt. Welche Themen beschäftigen die Menschen da draußen? Was kommt an? Was lässt sich verkaufen? Wie verpackt man alles in Bilder, die berühren oder den Hörer begeistern? Welche Hookline wählt man, damit der Song überhaupt Aufmerksamkeit erregt?


Diese Grundkenntnisse bringt selbst der talentierteste Schreiber nicht von Anfang an mit. Es bedarf der stetigen Aus- und Weiterbildung mit Hilfe von Seminaren, Fachliteratur, dem Austausch mit Kollegen und dem permanenten Üben und Verfeinern seiner Arbeiten. Auch ein Texter kann einrosten, wenn er nicht regelmäßig etwas zu Papier bringt. Der Kreativität sind längere Schaffenspausen nicht zuträglich. Neben der Eigeninitiative ist daher auch ein gewisses Maß an Selbstdisziplin notwendig.


Warum ich so weit aushole? Weil es mich ärgert, dass es tatsächlich in der Branche Menschen gibt, die meinen, einen guten Text zu entwerfen könne jeder. Schreiben haben wir schließlich alle in der Schule gelernt.

Weil es mich ärgert, dass der Anteil, den der Textdichter zum Erfolg eines Titels beiträgt, meines Erachtens zu wenig geschätzt wird, auch finanziell. Ein guter Song besteht für mich aus dem optimalen Zusammenspiel zwischen Komposition, Text und Interpretation. Nur so wird das Stück stark, überzeugend und authentisch. Die beste Melodie kann ein Lied nicht retten, wenn der Text nicht passend ist.

Ein guter Text(er) muss mehr wert sein!




* Quelle: GEMA virtuos 03/22

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